Reisen & Psychische Gesundheit: WHO-Ratgeber für Smarte Reisende

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Evgeny Yudin

Autor

  • Qualifikation: International Health Access Consultant

  • Position: Founder of Pillintrip.com

  • Unternehmen: Pillintrip.com – International Health and Travel

Haftungsausschluss: Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken. Er ersetzt keine professionelle medizinische Beratung. Wenn Sie Bedenken bezüglich Ihrer psychischen Gesundheit oder Ihrer Reisesicherheit haben, wenden Sie sich bitte an eine qualifizierte medizinische Fachkraft.

Einleitung

Wenn man an Reiseschutz denkt, kommen einem meist Impfungen, Moskitonetze oder die Reiseapotheke in den Sinn. Aber die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erinnert uns daran, dass auch psychische Gesundheit, neurologische Erkrankungen und sogar Substanzgebrauch ebenso wichtig unterwegs sein können.

Die WHO hat eigens einen Bereich Travel and Health eingerichtet – eine Schatzkiste zuverlässiger Tipps für Reisende, Expats und die Fachkräfte, die sie betreuen. Beim Stöbern stieß ich auf das Modul 5: Psychische, neurologische und substanzbezogene Erkrankungen (PDF) – und es hat mir die Augen geöffnet.

Denn beim Reisen geht es nicht nur um den Reisepass und Sonnencreme. Es kann um Schlafstörungen, Kulturschock und manchmal um einen Bruch mit vertrauter Unterstützung gehen. Stress schleicht sich unbemerkt ein – und für Menschen mit Angststörungen, Depression, Epilepsie oder anderen Erkrankungen kann aus einer gewöhnlichen Reise schnell eine ernste Herausforderung werden.

Darauf legt dieses WHO-Modul den Fokus – und genau das möchte ich hier mit Ihnen aufarbeiten. Denken Sie an diesen Text als Reiseführer durch die „unsichtbaren Turbulenzen“ seelischer und neurologischer Probleme unterwegs. Ich zeige die wichtigsten Punkte auf, bringe Praxisbeispiele und erkläre, wie man dieses Wissen für sichere und entspanntere Reisen nutzen kann.

1. Warum dieses Thema wichtig ist

Reisen ist spannend – aber auch stressig. Jetlag, fremde Sprachen, die Distanz zur Familie: All das summiert sich. Für viele ist das Teil des Abenteuers. Doch für Menschen mit psychischen oder neurologischen Erkrankungen können diese Belastungen ernste Probleme auslösen.

Die WHO bringt es auf den Punkt: Vorerkrankungen können sich verschlimmern oder erstmals auftreten. Stress unterwegs ist wie eine verborgene Turbulenz – man sieht sie nicht, aber sie kann ganz schön durchrütteln. Die Risiken zu kennen, ist keine Panik, sondern kluge Vorbereitung.

Noch ein Aspekt ist, wie verschiedene Länder mit psychischer Gesundheit umgehen. Gesetze, Zugänglichkeit von Therapien und selbst die Kultur sind sehr unterschiedlich. In manchen Ländern ist Selbstverletzung strafbar. Anderswo existieren kaum Hilfsangebote. Für Reisende bedeutet das: Das gewohnte Sicherheitsnetz von zuhause gibt es möglicherweise nicht.

2. Vor der Reise: Was beachten?

Einer der praktischsten Bereiche im WHO-Ratgeber ist die Reisevorbereitung. Wer unter Angststörungen, Depressionen, Epilepsie leidet oder Psychopharmaka einnimmt, sollte sich unbedingt vor Reiseantritt mit seinem Arzt besprechen.

In manchen Ländern sind Medikamente, die zuhause völlig legal sind (zum Beispiel Benzodiazepine), ohne Nachweis ein großes Risiko. Die WHO empfiehlt deshalb:

  • Ein ärztliches Attest auf Englisch (oder in der Zielsprache).
  • Kopien von Rezepten.
  • Notfallkontakte und Versicherungsnachweis.

Checkliste für Reisende (Edition psychische Gesundheit):

  • Medizinische Unterlagen & Rezepte
  • Ausreichend Medikamente für die gesamte Reise (am besten etwas Reserve)
  • Notfallkontakte
  • Versicherungsschutz, der psychische Gesundheit abdeckt
  • Ein Notfallplan (Stressbewältigung, Apps, Routinen)

Visuelle Idee: Infografik zur psychischen Gesundheits-Checkliste vor der Reise.

Die WHO weist auch explizit auf Risiken bestimmter Arzneien hin. Zum Beispiel ist Mefloquin (bei Malariaprophylaxe) kontraindiziert bei Depression, Epilepsie und Psychosen. Solche Details vor dem Packen zu kennen, kann den gesamten Reiseverlauf beeinflussen.

3. Psychische Gesundheit unterwegs

Angst & Panik: Panikattacken fühlen sich oft wie ein Herzinfarkt an – Brustschmerz, Schwindel, Kurzatmigkeit. Stellen Sie sich das mal während eines Fluges vor. Für manche Reisende ist das Realität. Ein Nutzer auf Reddit beschrieb eine Panikattacke auf einem Langstreckenflug: „Ich dachte, ich sterbe in 10.000 Metern Höhe. Die Stewardess blieb bei mir, bis ich wieder ruhig war.“

Um das zu verdeutlichen, hat die WHO ein kurzes Video erstellt, das zeigt: Psychische Gesundheit ist ein wichtiger Teil des allgemeinen Wohlbefindens. Angst, Depression und Stress sind keine Seltenheit – sie können unterwegs jeden treffen. Das Video hilft, die Offenheit im Umgang mit diesen Themen zu fördern und betont, wie wichtig Vorbereitung ist – genauso wie Impfungen oder Versicherungen.

Depression: Die Isolation vom gewohnten Umfeld und Kulturschock können Hoffnungslosigkeit verstärken. Die WHO betont: Wer in Behandlung ist, sollte diese unbedingt auch unterwegs fortführen. Halten Sie sich an Ihren Medikamentenplan und halten Sie Kontakt zum Arzt.

Selbstschädigung & Suizid: Es ist eine knifflige Sache. In mindestens 23 Ländern ist ein Suizidversuch immer noch strafbar. Wer im Ausland in einer Krise sich selbst verletzt, muss unter Umständen nicht nur mit medizinischen, sondern auch mit rechtlichen Folgen rechnen. Noch ein Grund mehr, auf Notfälle vorbereitet zu sein – wie auf das Wissen um das nächste Krankenhaus. Wie jemand in einem Thread zu Selbstverbesserung auf Reddit schrieb: „Es reicht nicht, irgendwann Schritte zu unternehmen, die zum Ziel führen könnten; jeder Schritt muss selbst Ziel und Schritt zugleich sein.“ Genau diese Denkweise hilft bei der psychischen Stabilität auf Reisen.

Stress & PTBS: Traumatische Erlebnisse – von Unfällen bis Naturkatastrophen – können akute Stressreaktionen auslösen. Die meisten erholen sich, aber manche entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Wer bereits betroffen war, sollte gemeinsam mit dem Arzt einen Plan abstimmen. Selbsthilfeprogramme (zum Beispiel das WHO-Programm „Doing What Matters in Times of Stress“) können ebenfalls stärken.

4. Neurologische Risiken

Neurologische Erkrankungen machen keine Ferien. Im Gegenteil, Reisen kann sie sogar verstärken.

  • Epilepsie & Migräne: Schlafmangel und Jetlag sind typische Auslöser. Die WHO empfiehlt, Antiepileptika immer im Handgepäck zu transportieren – niemals im aufgegebenen Koffer. Manche Betroffene nehmen NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) vorbeugend vor Flügen ein.
  • Schlaganfall: Schlaganfälle sind weltweit die zweithäufigste Todesursache. Denken Sie an die FAST-Regel: Gesichtslähmung, Arm-Schwäche, Sprachprobleme, Zeit für den Notruf.
  • Parkinson & Demenz: Neue Umgebung kann verwirrend sein. Die WHO empfiehlt eine Begleitperson, Routinen beizubehalten und einen Ausweis mit medizinischen Angaben mitzuführen. Flughäfen wie Heathrow oder Schiphol bieten mittlerweile sogar spezielle Services an.

Tabelle: Typische neurologische Erkrankungen & Reiseauslöser

Erkrankung

Typische Auslöser auf Reisen

WHO-Tipp

Epilepsie

Schlafmangel, Jetlag, vergessene Medikamente

Medikamente ins Handgepäck

Migräne

Jetlag, Dehydrierung, unregelmäßige Mahlzeiten

Genug trinken, Medikamente rechtzeitig nehmen

Schlaganfall

Hoher Blutdruck, Bewegungsmangel

FAST-Symptome kennen, schnell reagieren

Demenz

Neue Umgebungen, Zeitumstellung

Mit Begleitung reisen, an Routinen festhalten

Visuelle Idee: FAST-Infografik zum Erkennen von Schlaganfällen.

Eine häufig übersehene Erkrankung ist das Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Sie ist selten, kann aber, oft nach Infektionen wie dem Zika-Virus, lebensbedrohlich werden – gerade in beliebten Reiseländern. Wer die Risiken kennt, kann geeignete Impfschutz-Entscheidungen treffen.

5. Substanzen und Reisen

Alkohol und Drogen sind im Urlaub oft im Spiel. Die WHO warnt: Schädlicher Alkoholkonsum verursacht jährlich über 3 Millionen Todesfälle. Im Urlaub steigt das Risiko, weil viele nach dem Motto „Niemand kennt mich hier“ sorgloser werden.

Heraus zu heben ist auch die Opioidkrise. Gefälschte Tabletten mit Fentanyl werden weltweit verkauft. Aus einer vermeintlich harmlosen Schmerztablette kann eine Überdosis werden.

Die WHO empfiehlt eindeutig: Nicht alles, was daheim legal ist, ist es im Ausland auch. Medikamente ohne passende Dokumente können im Ausland mit Gefängnis geahndet werden.

Sichere Reisetipps (Substanzgebrauch):

  • Informieren Sie sich vorab über lokale Gesetze zu Medikamenten.
  • Probieren Sie keine „Partydrogen“ im Ausland – sie können gestreckt oder gefährlich sein.
  • Wenn Sie in Behandlung sind, planen Sie Ihre Unterstützung (Kontakte, Routinen) vorab.
  • Nehmen Sie bei verordneten Opioiden Naloxon mit – es kann Leben retten.

6. Weitere versteckte Fallen

Nicht alle Risiken sind medizinisch oder medikamentös. Manchmal ist es vielmehr das Umfeld selbst.

Kulturschock: In ein Land mit völlig fremden Gepflogenheiten zu kommen, kann Ängste, Depression oder Identitätsverlust nach sich ziehen. Die WHO spricht von „Akkulturationsproblemen“.

Umgekehrter Kulturschock: Die Rückkehr nach Monaten im Ausland ist oft ebenfalls belastend. Das vertraute Leben kann fremd oder enttäuschend erscheinen.

Praktischer Tipp: Lokale Aktivitäten mitmachen, Kontakte pflegen und zu Hause regelmäßig melden hilft, beide Arten von Schocks besser zu verarbeiten.

WHO erwähnt auch „reaktive Symptome“: Angst, Trauer oder Verlustgefühle beim Eingewöhnen in eine neue Kultur. Das ist normal – hält es aber lange an, sollte man helfen lassen.

 

Fazit

Die wichtigste Erkenntnis? Psychische und neurologische Gesundheit verdienen beim Reiseplanen genauso viel Aufmerksamkeit wie Impfungen oder Malariaprophylaxe. Stress, Kulturschock und unerwartete Krisen gehören einfach dazu – gezielte Vorbereitung macht den Unterschied.

Kurz-Checkliste für Reise und psychische Gesundheit:

  • Medizinische Unterlagen und Rezepte einpacken.
  • Genug Medikamente immer im Handgepäck.
  • Die Gesetze im Reiseland kennen.
  • Einen Notfall- und Bewältigungsplan haben.
  • Mit dem eigenen sozialen Netzwerk in Kontakt bleiben.

Reisen Sie klug und informieren Sie sich auf vertrauenswürdigen Plattformen wie der WHO, im vollständigen WHO-Modul 5 sowie auf Pill in Trip. Schützen Sie Ihre Psyche genauso wie Ihren Körper.

FAQ

1. Brauche ich eine ärztliche Bescheinigung für Psychopharmaka auf Reisen?

Ja. In manchen Ländern ist der Besitz bestimmter Medikamente ohne Dokumente eine Straftat. Immer ein ärztliches Attest und Rezeptkopien (auf Englisch oder in der Zielsprache) dabeihaben.

2. Was tun bei einer Panikattacke im Flugzeug?

Panikattacken erreichen meist nach wenigen Minuten ihren Höhepunkt und klingen dann ab. Konzentrieren Sie sich auf ruhige Atmung, lenken Sie sich ab (z. B. Musik, Gespräch) und informieren Sie das Bordpersonal – Flugbegleiter sind geschult. Wenn Sie dafür anfällig sind, sprechen Sie vorab mit Ihrem Arzt über Strategien oder eine medikamentöse Unterstützung.

3. Kann ich meine Therapie im Ausland fortführen?

In den meisten Fällen ja – Kontinuität ist aber entscheidend. Bringen Sie ausreichend Medikamente mit, prüfen Sie die Verfügbarkeit am Zielort und fragen Sie Ihre Therapeut*in nach Online-Sitzungen. Manche Reiseversicherungen decken auch psychische Gesundheit ab.

4. Wie handle ich Notfälle wie Schlaganfall oder Anfall im Ausland?

Die Notrufnummer im Reiseland kennen (es ist nicht immer 112). Eine medizinische ID dabeihaben und Begleitpersonen über Warnzeichen informieren. Je schneller geholfen wird, desto besser die Prognose.

5. Wie gehe ich mit Kulturschock auf Reisen um?

Geben Sie sich Zeit zum Ankommen. Bleiben Sie mit Familie und Freunden in Kontakt, machen Sie bei lokalen Aktivitäten mit und akzeptieren Sie, dass das Gefühl der Fremdheit anfangs normal ist. Bei längeren Aufenthalten hilft ein gewohnter Tagesablauf wie Kaffees oder Spaziergänge.